Zum Abschied Delphine am Chanonry Point. Später dann noch Puffins und Basstölpel. Als ob Schottland noch mal zeigen will, was es alles zu bieten hat.
Abwechselnd 15-20 Knoten Wind und Flaute im Moray Firth. Über Nacht um den Kinnaird Head mit wenig Wind und hohen Wellen. Ein unglaubliches geschaukel. Habe den Sitzsack zwischen Küche und Bad eingeklemmt um zumindest einigermaßen ausruhen zu können ohne rumzukugeln.
Es wird dunkel und fängt an leicht zu tröpfeln. Der Wecker klingelt alle 30 Minuten, um aufzufordern nach dem Rechten zu sehen. Passt der Wind nocht? Stehen die Segel richtig? Ist was zu sehen in Fahrtrichtung? Instrumente OK? Nach fünf Minuten ist alles gescheckt und ich verkrümel mich wieder in meinen Sitzsack. Um 06:00 geht die Sonne auf. Die Segel sind rosa gefärbt, die Wolken am Himmel leuchten. Ein Festmahl der Lichter, an dem man sich nicht sattsehen kann.
In einem Flaute-Loch werde ich von einem riesigen Schwarm kleiner schwarzer Fliegen heimgesucht. Das ganze Boot und die Segel sind mit Millionen schwarzer, krabbelnder und fliegen Insekten überzogen. Ekelig. Alle Luken zu und ich verschanze mich unter Deck. Nach zwei Stunden wieder etwas Wind, der die Insekten wegweht. Zurück bleiben tausende Insektenleichen. Die Segel sind an einigen Stellen Blutverschmiert. Ekelig. Erst mal das Cockpit wieder begehbar säubern. Den Rest, da hoffe ich auf Regen und Wind.
Die zweite Nacht motore ich durch. Der Wind hat um 180° gedreht und weht nun, kaum spürbar, aus Nord. Am Morgen kommen die ersten Ölbohrinseln des „Jade Oilfield“ in Sicht. In respektvollem Abstand schlängel ich mich durch.
Gegen Mittag kommen noch mal 5 Delphine auf Besuch vorbei. Verspielt und neugierig schwimmen die am Bug vorbei, unter dem Boot durch. Ich setzte mich vorne an den Bug und genieße das Schauspiel. So nah, würde ich die Hand ausstrecken, ich könnte die Rückenflosse berühren.
Die Sonne geht unter. Sundowner mit Blick auf einen feuerroten Himmel und viel Weite. Zeit zum Nachdenken und genießen. Der Mond geht auf, spiegelt sich im Wasser. Die Ölbohrinseln leuchten am Horizont. Eine Zauberwelt mitten in der Nordsee.
100 Meilen noch. Der Wind hat aufgefrischt auf 15-20 Knoten und eine ordentliche Welle hat sich gebildet. Zackig geht es nun zum Limfjord. Ich fahre einen großen Bogen nach Süden, da der Wetterbericht den Wind mehr aus Ost vorhergesagt hat. Das war vor drei Tagen. Sicher ist sicher und gegen 20 Knoten Wind will ich nicht kurz vor Ziel noch aufkreuzen müssen.
Eine Monsterwelle trifft die Fleur und der Wasserkessel fliegt durch die Kajüte. Nun hat auch der eine Delle. Ansonsten bleibt alles heile, kein Schrank geht auf oder Blumentöpfe fallen in die Toilettenschüssel. Mittlerweile bin ich doch gut darin, alles auf schlechtes Wetter vorzubereiten.
Der Verkehr hat wieder mächtig zugenommen. Alle paar Minuten geht der Kollisionsalarm los. Öltanker von und zu den Bohrinseln, Containerschiffe, Frachter und Fischerboote. Habe gelernt cool zu bleiben und erst mal weiterfahren. Die Fleur ist wendig und ich kann auch noch eine halbe Meile vorher ausweichen. Ein paar wenige Male sind sogar Boote mir ausgewichen. Und soooo schlecht fahre ich ja gar nicht.
Einen anderen Segler habe ich die ganzen letzten 400 Meilen nicht gesehen.
Fast geschafft. 25 Meilen bis zur Einfahrt in den Limfjord. Das wird ca. 01:30 morgens sein. Das wird noch mal spannend Mitten in der Nacht.
Der Wind hat 10 Meilen vor der Küste auf genau West gedreht und weht immer noch mit 15 Knoten. Noch mal hart am Wind die letzten Meilen, dann die Fock einrollen und das Groß fallen lassen. Es ist stockfinster. Der Mond ist schon wieder unter gegangen und alles andere Licht ist von dichten Wolken verdeckt. Sehe kaum die Hand vor den Augen und turne quasi nach Gefühl auf der Fleur rum, um die Segel ordentlich zu verstauen. Es leuchtet und blinkt überall am Horizont. Die grüne Boje ist mein Ziel, die Einfahrt in den Limfjord.
02:20, 07.08.2014. Nach 437 Meilen in 81 Stunden nun wieder zurück auf dem Kontinent!