91 Meilen bis zur Ostsee, durch weite aber flache Gewässer, flußartige Abschnitte und mit insgesamt 5 Brücken – der Limfjord. Heute ist quasi Windstille. Die See ist platt wie eine Flunder. Die Meilen zahle ich heute wieder mal mit Diesel. 40 Meilen bis zu einer kleinen Bucht mit einer Boje. Warm ist es. Schon den ganzen Tag laufe ich in T-Shirt und kurzen Hosen rum. Endlich Sommer!
Samstag ist Wind vorhergesagt. Zackig, mit 20-25 Knoten. Genau da will ich durch die engen Abschnitte an Aalborg vorbei bis an die Ostsee kommen. Ich wache schon früh um 05:00 auf, weil das Boot an der Boje schaukelt und schlingert. Im Mast pfeift der Wind. Na, das kann lustig werden. Die ersten 11 Meilen kann ich segeln. Aufkreuzen im zweiten Reff, bis die erste Brücke kommt.
Ich setzte die Flagge „N“ als Zeichen die Brücke zu öffnen. 20 Minuten warte ich, fahre Kurven und kämpfe die Fleur im Wind zu halten. Die Brücke öffnet sich, und husch durch. Dann mit Motor weiter einen ca. 10 Meilen langen flußartigen Abschnitt. Die Fleur kämpft gegen den starken Wind. Der kleine 30 PSMotor schafft es gerade so die Fleur voran zu schieben. 1-2 Knoten Fahrt. Ein Fußgänger wäre schneller. Meter um Meter geht es voran. Der nächste Abschnitt hat auch enge Fahrwasser, führt aber durch ein weites Seegebiet. Kein Windschutz und eine ordentliche Windwelle baut sich auf. Der Motor kämpft. Eine Querströmung schiebt die Fleur auf die andere Seite des Fahrwasser. Vollgas und gegen den Wind. Zentimeterweise schieben wir aus der Strömung. Geschafft.
Kurz darauf verliert die Fleur plötzlich an Fahrt. Hat sich was in der Schraube verheddert? Schnell Ruder rum und Rückenwind, bevor wir aus dem Fahrwasser treiben. Vorwärtsgang, Rückwärtsgang. Immer abwechselnd. Es scheint wieder zu gehen. Ruder rum und weiter Richtung Aalborg. Langsam. Langsamer als normal? Ist der Wind einfach zu stark? Keine Ahnung. Wahrscheinlich ist der Motor einfach an seiner Leistungsgrenze.
Zwischendurch kann ich für ein paar Meilen die Fock setzen. Der Motor kann sich erholen. Dann noch einmal 1 Meile exakt gegen den Wind. Für die Meile brauche ich fast eine Stunde. 25 Knoten, in den Böen mehr, dagegen kommt die Fleur einfach nicht an. Muß ich Ruder legen um im Wind zu bleiben, wird die meiste Energie damit verbraucht und die Fleur steht erst mal mehr oder weniger auf der Stelle. Dann wieder ein paar Zentimeter weiter, bis die nächste Böe zum einlenken zwingt.
5 Meilen vor Aalborg überrollt mich ein Gewitter. Regen in dicken Tropfen wird in Sturmböen um die Fleur gepeitscht. Dunkel ist es geworden. Sicht bis vielleicht 5-10 m vor die Fleur. Das iPad wird regelrecht eingeweicht. Aber ohne würde ich nicht wissen wohin. Schaue ich über die Sprayhood nach vorne, nageln die Regentropfen wie Schrotkugeln auf mich ein. Mit zugekniffenen Augen probiere ich irgendwas zu erkennen. Das iPad muß jetzt einfach durchhalten. Hoffentlich kommt keiner entgegen. Oder der Motor fällt aus. Oder der Blitz schlägt ein. Stehe am Steuer. Wind, Regen und Gischt toben. Bin klatschnass. Und mir geht so viel durch den Kopf. Aber alles egal, nur nicht die Richtung, die Kontrolle verlieren. Trocknen und aufräumen können wir später. Nach 15, 20 Minuten ist alles vorbei. Aufatmen.
2 Meilen vor dem Hafen ist dann die Gangschaltung defekt. Es lässt sich kein Gang mehr einlegen. Mist. Mist. Mist. Der Wind hat noch weiter aufgefrischt. Das Fahrwasser ist hier 50 Meter breit und rechts und links sind Sandbänke. Hektik. Runter, Motor und Getriebe checken. Scheint OK. Wieder hoch, Richtung kontrollieren. Wieder runter. Kann ich manuell schalten? Mit Gewalt geht der Rückwärsgang rein. Schlecht. Die Fleur wird gebremst und driftet nun recht unkontrolliert. Motor ausmachen. Die Fock ist noch oben und wir fahren wieder. Wieder Runter. Gang wieder raus drücken. So komme ich nicht in den Hafen, oder auch sonst wo hin! Demontiere mehr oder weniger gewaltsam den Handhebel der Gangschaltung. Ich schneide mir in den Finger. Blut fließt. Ich höre oben die Fock flappen. Ein leichtes rucken. Das sollte nicht so sein. Schaue raus. Keine Fahrt mehr. Wir sitzen auf Grund, gerade mal einen halben Meter neben dem Fahrwasser. Hölle Hölle. Der Wind drückt die Fleur auf die Seite. Runter. Rückwärtsgang und Vollgas. 2-3-4 Minuten, dann, ganz langsam kommt die Fleur wieder frei. Puhhhhh. Jetzt fahren wir im Rückwärstgang, das passt nicht zur noch gesetzten Fock und ich kann nicht in den Vorwärtsgang schalten. Würge und kicke den Hebel und die Mechanik. Hämmere darauf herum. Gewalt muß manchmal sein. Der Hebel gibt auf. Ich kann wieder schalten, auch wenn das Teil jetzt eher wie ein klumpen Schrott aussieht. Vor lauter Aktion hatte ich die Richtung aus den Augen verloren. Rucken und Flappen der Fock. Sch…se, wieder auf Grund. Ich rolle erst mal die Fock ein. Dann das bekannte Manöver. Rückwärtsgang. Vollgas. Das schaukeln und die Wellen helfen. Wir kommen wieder frei. Jetzt aber nix wie in den Hafen.
40 Meilen in 12 Stunden. Habe fertig für heute!
Für Montag ist Sturm vorhergesagt. “Berta” tobt sich mit 40+ Knoten aus. Sitze wohl erst mal bis Dienstag hier fest.