So far so good. Hier ein paar Erkenntnisse der bisherigen Reise:

  • Der organisatorische Aufwand ist enorm, kostet Zeit und Geld.
  • Nicht mehr ohne AIS
  • Unterwegs ist einfacher. Anlegen und Hafen ist Stress. Du wirst lazy im Hafen! Immer fahren, dann bist Du im flow.
  • Es geht nur mit den Gezeiten und Wind
  • Körperliche Anstrengung und mentale Herausforderung nicht unterschätzen
  • Ohne Baumbremse geht was kaputt
  • Heizlüfter und die Standheizung sind Gold wert
  • Warm und wärmere Klamotten einpacken.
  • Eieruhr, um den Takt der Routine auf längeren Etappen anzugeben.
  • Handwerkliches Geschick ist unabdingbar. Und man hat nie genug oder das richtige Werkzeug.
  • Stehhöhe im Boot ist für eine längere Tour wichtig. Würde ich wieder so machen.
  • Stauraum. Mehr ist besser. Da ist die Fleur leider nicht so gut. Es ist alles etwas verwinkelt. Durch den Serienbau werden auch viele Ecken und Räume nicht genutzt.
  • Selbstwendefock ist klasse. Alles was Arbeit vermeidet ist klasse (keine Fock Persening mehr). Weniger Justage und Trimmmöglichkeiten sind klasse.
  • Würde ich die Fleur noch mal kaufen? Für eine Tour in den Norden wäre ein fester Unterstand mein Wunsch (Deckshaus, Mittelcockpit). Steuermöglichkeit von unter Deck wäre klasse (Autopilot Fernbedienung). Blick nach vorne von unter Deck wäre klasse. Alles andere hat die Fleur hervorragend gemeistert.

 

Nun, da sitze ich in Faaborg (DK) auf meinem Boot. Es regnet und windet draußen, die Standheizung läuft. Kein einladendes Wetter für den nächsten Schlag. Aber ich habe ja auch keine Hektik und kann das Wetter mal aussitzen (im Gegensatz zu den Charterbooten). Zeit um über die letzten 4 Wochen nachzudenken und ein paar Gedanken aufzuschreiben.

Wie war’s bisher? Erfahrungen? Habe ich mich oder die Fleur unterschätzt oder überschätzt?

Aufbruch in der Biskaya am 15.04.. Aufbruchstimmung, Sonnenschein und gutes Segelwetter. Dass das VHF nach Martinique geschickt wurde hat mich dann auch nicht gejuckt. Einfach ein neues gekauft um los zu kommen. Das EPIRB Satelliten EPIRB SAILOR SE406 II 8 Tage gedauert um wieder bei mir zu sein. Das hat genervt. Antipode, der Makler, hat mich aber immer tatkräftig unterstützt. Dank an Frederique!

Den Teil der Aktion hatte ich unterschätzt. Den formellen und organisatorischen Aufwand vor der Abreise. VHF, EPIRB, AIS müssen auf meine neue MMSI (Boots – Indentifikationsnummer) umprogrammiert werden. Ich musste lernen, dass ich das nicht selbst machen kann, sondern die Geräte zum Hersteller eingeschickt werden müssen. Zum einen dauert das, zum anderen kostet das auch Geld (jeweils ca. 100 Euro). Beim EPIRB lohnt der Aufwand, beim VHF würde ich wohl einfach ein neues kaufen.

Der Support vom AIS Hersteller für das EasyTRX2 war klasse. Der hat sich  remote in mein Bordnetz eingeloggt und das AIS neu programmiert. Null Zeit und keine Kosten. Benchmark! Um mein iPad zur Navigation zu verwenden, habe ich noch ein WiFi Sender eingebaut, der die NMEA Daten (die Schiffsaten wie Geschwindigkeit, Position und AIS) sendet. Dazu hatte ich das fertige Modul von vYacht eingebaut. Einfache installtion und Anschluß an das AIS. Ein halbe Stunde später habe ich die NMEA Daten auf dem iPad.

AIS ist ein Muß, wenn ich wieder ein Boot kaufen würde und sollte Pflicht auf jedem Sport und Fischerboot sein. (Es gibt welche mit intergriertem WiFi, dann spart man sich noch zusätzlichen Aufwand). Nachts schalte ich die Kollisionswarnung ein und bin deutlich entspannter unterwegs. Oder vor Cuxhaven, sehe ich mit dem AIS die Daten der anderen Schiffe und kann mir gezielter und sicherer eine Lücke im Verkehrsgeschehen suchen. Beim Ankerm schalte ich den Ankeralarm ein, bin damit beruhigter und andere Schiffe (mit AIS Empfänger) sehen, dass ich da vor Anker liege. Einfach große Klasse!

Nun, endlich unterwegs geht’s über die gefürchtete Biskaya. Rückblickend war das der einfacherer Teil der Reise. Weit weg von Land und den kleinen, leicht zu übersehenden Fischerbötchen war es recht entspannt. Alle paar Stunden mal ein Schiff auf dem AIS gesichtet, dass in ein paar Meilen Abstand passiert. Biskaya war easy. Wenig Verkehr & viel Platz  Optisch waren die Schiffe selten zu entdecken. Der Horizont ist ca. 5km weg, alles dahinter ist nicht zu sehen. Man fühlt sich durchaus “alleine” da draußen. Das ist nicht weiter schlimm, so lange das Wetter angenehm ist. Wenn’s aber mit 25 Knoten kachelt, fett regnet und stockdunkle Nacht ist und vielleicht noch ein bisschen nebelig, und ich dann mit der Stirnlampe morgens um 02:00 bei 10°C ein Reff einziehen muß, dann machte ich mir durchaus mal einen Gedanken “Was, wenn …?”  und checke noch mal den Lifebelt. Ändern kann man eh nicht’s weit draußen am Wetter. Einen Sturm kann man abwettern (Die Gefahr ist gering, da weit um einen kein Land ist und man genug Platz zum navigieren hat). Flaute muß man aussitzen.

Apropos Flaute. Die ist schlimmer als jeder Sturm. Nichts geht voran. Die Segel flappen mit dem schaukeln des Bootes. Man kommt dem Ziel nicht näher. Die Strömung schiebt einen langsam irgendwo hin. Es ist langweilig. Man kann keinen Einfluß nehmen. Die Zeit vergeht quasi nutzlos. Einem Sturm kann ich aktiv begegnen. Mit Reffs den Druck aus den Segeln nehmen, einen sicheren Kurs einschlagen, einen Hafen erreichen oder einfach viel Strecke machen und aus dem Sturm raus fahren.

“Raz de Sein” und der “Chenal du Four” waren eine Herausforderung, die aber auch zu meistern war. Mit GPS, AIS und Autopilot sind solche Stellen navigatorisch heute eine geringere Herausforderung, wenn auch nicht zu unterschätzen.

Alles ist schräg. Unter Segeln legt sich die Fleur auf die Seite bis das Gleichgewicht zwischen der Windkraft und dem aufrichtenden Moment erreicht ist. An Deck verarbeitet dies das Auge, orientiert sich am Horizont und der Körper gleicht die Schräglage quasi automatisch aus. Lustiger ist es dann unter Deck. Der Hoizont wird durch die Struktur des Bootes ersetzt, also am Boden, Decke und Wänden, und der Körper denkt “Gerade stehen!”. Zack, fällt man einfach um. So habe ich mir einige blaue Flecken geholt, oder halt mal, wie im Film, die Milch neben das Müsli geschüttet. Für Wasser hält man den Becher 10 cm neben den Wasserhahn. Aber man gewöhnt sich dran. Mittlerweile koche ich auch bei Schräglage.

Im englischen Kanal dann der erste Kontakt zu starker Gezeitenströmung und hohen Wellen. Das habe ich komplett unterschätzt. Als ich vor L’Aber Wrac’h mehrere Stunden gegen Wind und Wellen angekämpft habe und doch noch an der gleichen Stelle war, ja, da wurde mir klar dass ich nun Gezeiten studieren muß, um voran zu kommen. Und das macht den Kanal und die Nordsee so schwierig. Es sind nun mehrere Faktoren die das Vorankommen beeinflussen. Zum einen der Wind, der die Fahrtrichtung unterstützen sollte, zum anderen die Strömung, die alle 6 Stunden die Richtung ändert. Die Tiden haben eine geringere Rolle gespielt, sind aber auch zu berücksichtigen, da nur zu bestimmten Tidenständen machne Passagen zu machen sind (z.B. Hafeneinfahrten). Dazu noch die zu segelnde Entfernung, die unter Berücksichtigung von Wind und Strömung zeitlich abzuschätzen ist, damit man mit dem richtigen Strom und der richtigen Tidenhöhe in den Zielhafen einlaufen kann. Die ganze Planung quetscht sich in die 6-Stunden-Raster der Gezeiten. Das macht das “Vorankommen” im Kanal deutlich langsamer.

Im Kanal, aber vor allem entlang der Nordseeküste und an Rotterdam vorbei, da hatte ich Bammel vor den großen Pötten. Im Nachhinein war das gar nichts, und dennoch beeindruckend. Zum einen habe ich mich meist aus den Verkehrgebieten raus gehalten. Oder wenn doch dann mich ganz seitlich eingereiht. Mit dem AIS hatte ich alles im Blick. Gerade in der Einfahrt zur Elbe, vor Cuxhaven und in Richtung Hamburg ist gigantisch was los. Immer Funk abhören und AIS im Blick.

Schwieriger war für mich die Suche nach geeigneten Häfen. Viele der Häfen fallen trocken oder haben bei Ebbe nicht genug Wasser um mit der 1,95m tiefen Fleur dort zu bleiben.  An Häfen mit Schleuse oder Schott habe ich mich nicht ran gewagt. Anfangs kam ich eh mit den Zeiten komplett durcheinander. Bordzeit, UTC, MESZ, UT, … wenn auf einmal das GPS eine andere Zeit anzeigt als die Borduhr und im Tidenkalender von UT gesprochen wird. Uff. Da hatte ich mich schon das ein oder andere mal um ne Stunde vertan und habe noch gegen Strom anfahren müssen wo ich schon abfließendes Wasser geplant hatte. Also, immer eine (mechanische) Uhr die sich nicht automatisch verstellt an Bord haben und diese auf einen bestimmte Zeit (MESZ) einstellen. Ist dann ein Hafen gefunden, ist dieser dann meist doch nur mit einlaufendem Wasser zu erreichen (die Fleur würde bei 3-4 Knoten Gegenstrom kaum von der Stelle kommen), bzw, bei ablaufendem Wasser zu verlassen. In L’Aber Wrac’h hatte es einen 8m Tidenunterschied. Da wird aus dem langen schmalen Fjord ein mit 4 Knoten fließender Fluß. Im Hafen zerrt das Wasser am Boot, es gurgelt und bilden sich Strudel. Besser alle Leinen noch mal checken.

Ankern in Gezeitengewässern ist auch keine einfache Sache. Vor allem nicht, wenn auch noch ordentlicher Wind weht. Wenn Strom und Wind in die gleiche Richtung gehen ist alles OK. Es zieht zwar ordentlich am Ankergeschirr, aber es geht in eine Richtung. Steht aber Strom gegen Wind, dann wird alles kritisch und das Boot pendelt recht undefiniert umeinander. Eventuel dreht es den Anker aus dem Grund. Eine Ankerwache ist da ein absolutes Muss. Ist man alleine, dann viel Kaffee machen und auf eine lange Nacht freuen.

Alles in allem, anlegen empfinde ich eher als Stress. Das vorbereiten ist viel Arbeit. Segel bergen, Motor ein und Anfahrt peilen, Segel verstauen, Fender ausbringen, Leinen klar machen, nach anderen Schiffen ausschau halten, VHF abhören, etc.. Dann in den Hafen, die Lage peilen. In engen Gassen nach einem freien Platz suchen.  Drehen auf dem Teller oder wieder rückwärts raus. Platz gefunden, aber die Fender sind auf der falschen Seite. Noch mal umbauen alle. Puh. Hat man erst mal angelegt, dann ist alles gut, alles sicher. Nach dem Anlegerbierchen könnte ich fast immer direkt einschlafen. Auf den Ablegestress hat man dann gar keine Lust. Der Hafen macht faul!

Unterwegs zu sein ist mental eine geringere Anstrengung. Ich bin quasi im “flow”. Die Bewegungen des Bootes werden vorausgeahnt, der Wind schon früh gesehen. Segel und Boot entsprechend ausgerichtet. Regelmäßig wird das AIS gecheckt und der Horizont mit dem Fernglas abgesucht. Kaffee machen, Essen zubereiten. Es ist ein kontinuierlicher Fluss der Abläufe, eingeteilt in 30 Minutenabstände. Tag und Nacht. Kopf und Körper entspannen in der Routine, kommen in einen andauernden Döszustand. Alles wird easy und die Gedanken verlieren sich.

Der Puls geht 10 Schläge schneller, wenn dann im AIS ein Fahrzeug angezeigt wird oder am Horizont ein Schiff auftaucht. Dann sind aber immer noch 30 Minuten Zeit um aus dem Weg zu gehen. Nach 10 Minuten ändert der andere seinen Kur. Ein Fischer auf der Jagd. Der Puls geht wieder runter, der Flow setzt wieder ein.

Nachts habe ich mir eine Eieruhr gestellt. Die bimmelt alle 30 oder so Minuten richtig laut. AIS check, Hoirzont check, Boot check. Alles klar. Eieruhr auf 30 Minuten und weiter schlafen. Hat gut funktioniert. Geschlafen habe ich meist im Cockpit, im Schutz der Sprayhood. Dazu hatte ich mir eine Kuhle im Sitzsack gemacht und mich in den Schlafsack eingemummelt. Bequem, warm und doch schnell da, wenn mal was sein sollte oder der Wind mal wieder dreht.

Unterschätzt habe ich jedoch die körperlichen Anforderungen. Das Setzen und Bergen der Segel ist anstrengend. Sind die Segel oben, kontinuierlich nachjustieren für eine optimale Windanströmung. Halsen und Wenden ist Arbeit. Auf Kreuzkursen gegen Wind und Welle ist die Fahrt ruppig und das Boot sehr schräg. Andauernd festhalten und abstützen. Kommt dann Regen und Kälte dazu, dann ist das eine echte körperliche Herausforderung. Die Bürohände sind abgenutzt, haben mittlerweile Hornhaut vom Winschen und Taue klar machen. In meinem nächsten Boot werde ich wohl elektrische Winschen einbauen.